„Suzuki Methode“ – Was hat Geige lernen mit Motorrädern zu tun?

Diese Frage wird mit tatsächlich recht häufig gestellt. Verständlich, denn in Deutschland denkt man bei dem Namen Suzuki zunächst an den Auto- und Motorrad Hersteller.

Meine Violinschule habe ich nach dem Begründer der Muttersprachenmethode, dem Violinpädagogen Shinichi Suzuki benannt, weil ich eine große Verehrerin seiner auf zeitlosen Werten begründeten und gleichzeitig so revolutionären Philosophie, bin.

Die Kernaussagen der Philosophie von Suzuki

  • In jedem Kind sind großartige Möglichkeiten angelegt, die sich entfalten wollen.
  • Die Umgebung – in besonderem Maße die Eltern und Lehrer – beeinflusst in hohem Maße, wie sich die Anlagen eines Kindes entfalten dürfen, welche Fähigkeiten ein Kind entwickelt und in die Welt bringt.
  • Ein frohes Kind mit leuchtenden Augen, empfänglich für Schönheit und ausgestattet mit Sinn für Gerechtigkeit und Menschlichkeit, erweist der Menschheit den größtmöglichen Dienst.
  • Die Kinder sind unsere Zukunft! Deshalb müssen sich die Kinder bestmöglich entwickeln und mit hervorragenden Fähigkeiten der Welt dienen.

Diese Werte – Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, stetes Wachstum, dem Leben dienen, Wahrheit, Schönheit, Freude – entsprechen meinen tiefsten Erfahrungen und Überzeugungen. Auf dieser Grundlage unterrichte ich und arbeite mit Kindern und Eltern.

Shinichi Suzuki

Er lebte von 1898 bis 1998 in Nagoya, Japan. Zunächst breitete er sich auf eine kaufmännische Laufbahn im väterlichen Betrieb, einer Geigenfabrik, vor. Das Geigenspiel entdeckte er erst in seiner späteren Jugend: Eine Grammophon Aufnahme – das Ave Maria von Schubert, gespielt von Mischa Elman, einem berühmten Geiger aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts – berührte ihn so tief, dass in ihm der Wunsch erwachte, Geige spielen zu lernen.

Die ersten Schritte auf der Geige brachte sich Suzuki selber bei, indem er versuchte, die Stücke vom Grammophon nachzuspielen. Wohl mit recht gutem Erfolg. Denn später durfte er viele Jahre bei einem berühmten Geiger in Berlin studieren. In Berlin lernte er zudem viele wegweisende Wissenschaftler und Künstler persönlich kennen – unter ihnen Albert Einstein – , die ihn inspirierten und seinen weiteren Werdegang beeinflussten.

Als er aus Europa nach Japan zurückkehrte, war er vom dem Elend, in dem die Menschen nach dem Krieg lebten, tief betroffen. Besonders die Kinder litten sehr unter den schwierigen Verhältnissen: Nicht nur, dass es kaum etwas zu essen gab, die Kinder wurden häufig von ihren überforderten Eltern vernachlässigt, und an Bildung war kaum zu denken.

In Suzuki, dem das Wohlergehen der Kinder sehr am Herzen lag, erwachte der Entschluss, diesen Kindern zu helfen, um gleichzeitig die Situation im Lande zu verbessern. Er sagte: „Kinder sind unsere Zukunft. Von unseren Kindern hängt das Glück Japans ab.“

Also machte er sich Gedanken, wie eine gute Ausbildung für die Kinder beschaffen sein müsste. Sein Ziel waren die bestmögliche Entfaltung der Anlagen eines jeden Kindes und die Herausbildung eines edlen Charakters, damit jedes Kind tatkräftig seinen Beitrag zur Verbesserung der Situation in Japan leisten könnte.

Die Entdeckung der Muttersprachen Methode

Beim Betrachten spielender Kinder, machte er die Entdeckung, dass die Kinder in der Lage war, ihre Muttersprache zu sprechen und sogar die feinsten Schattierungen der Dialekte widergeben konnte. Das ist eine großartige Leistung, die normalerweise als selbstverständlich angesehen wird.

Suzuki gelangte durch diese Einsicht zu der Überzeugung, dass in jedem Kind großartiges Potenzial angelegt ist, das sich entfalten möchte.

Er beobachtete, wie Kinder ihre Muttersprache lernen: Durch Hören, Nachahmung und unermüdliche Versuche. Daraus zog er den Schluss, dass die Entwicklung eines Kindes sehr stark vom Umfeld abhängt. Ein kleines Kind absorbiert die Botschaften seiner Umgebung und im besonderen Maße seiner Mutter. Dies ist eine große Chance und Verantwortung zugleich.

Talente und Fähigkeiten eines Kinders werden also durch die Umgebung stimuliert. Ein Kind muss sich naturgegebener Maßen an seine Umgebung anpassen, um gut überleben zu können.

Diese Erkenntnisse seiner Studien übertrug Suzuki auf seine Geigenmethode: Die Kinder lernen Geige spielen durch Hören, Nachmachen und unermüdliche Wiederholungen, das Üben. Dabei werden sie ermuntert von ihren Eltern, die sich über jeden noch so kleinen Fortschritt freuen. Es verhält sich wie bei Sprechen lernen: Auf jede neue Äußerung des Kindes reagieren die Eltern begeistert. Und jedes Kind hat sein eigenes Entwicklungstempo, das respektiert werden will.

Der Erfolg der Muttersprachen Methode

Suzuki hat mehrere tausend Kinder unterrichtet. Er nahm jedes Kind als Schüler an, ohne es vorher getestet zu haben. Das entsprach seiner Überzeugung, dass jedes Kind talentiert sei.

Die Erfolge seiner Schüler, die bei zahlreichen Konzerten mit großer musikalischer Ausstrahlung und auf hohem geigerischen Niveau musizierten, bewiesen den Wert und die Richtigkeit seiner Methode.

Das übergeordnete Ziel des Geigenunterrichts jedoch bleibt die Ausbildung eines hervorragenden Charakters: Erst der Charakter und dann die Musik.

So ist also die Erziehung durch Musik darum die vorzüglichste,

weil Rhythmus und Harmonie am tiefsten in das Innere der Seele dringen,

ihr Anmut und Anstand verleihen.

Sokrates